Montag, 26. Juni 2006
Bücherweitwurf
Oder zehn Bücher, die ich nicht, bzw. nur teilweise gelesen habe und die seitdem im Regal vor sich hin stauben.

Don fragt, welche Titel das bei mir sind. Im Allgemeinen besitze ich nur Bücher, die ich mag. Alle anderen fliegen bei mir in regelmäßigen Abständen, spätestens jedoch beim nächsten Umzug, raus. Trotzdem gibt es ein paar, die eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung zu haben scheinen. Hier meine Liste:

1. Wolfgang Iser, der implizite Leser
Ein Buch, das ich 91 gekauft – zu einer Zeit, in der ich meine Bücher auf der ersten Seite noch mit Namen und Datum versah – und nur ausschnittweise gelesen habe. Hat mich damals interessiert. Weggelegt, weil zu viele Beispiele aus der Literatur angeführt wurden, die ich nicht kannte. Gehört eindeutig in die Kategorie wird gelesen, wenn ich mal viel Zeit und keinen neuen Stoff mehr habe.

2. Matt Ruff, Fool on the hill
Geschenk eines Freundes. Sprechende Hunde sind mir suspekt, es sei denn, sie tauchen in Kinderbüchern auf. Mag es nicht aussortieren, weil es ja trotzdem ganz nett sein könnte. Kategorie Bücher, die ich spätestens nach Lesen der Widmung zuklappe (das Verfallsdatum des geschriebenen Kusses war bereits kurz nach dem Geschenk abgelaufen).

3. Robert Kunzig, der unsichtbare Kontinent
Buch über die Erforschung der Weltmeere. Im ersten Kapitel sehr theoretisch, obwohl die Begründung der Jury für einen Wissenschaftspreis lautet: „dieses Buch eröffnet uns leidenschaftlich, überraschend und wissenschaftlich fundiert eine völlig neue Welt. Noch nie wurde so spannend von den Geheimnissen der Tiefsee erzählt“. Kategorie Bücher, die die Leidenschaft eines Neunzigjährigen nach erfolgreicher Lobotomie ausstrahlen.

4. William Boyd, Armadillo
Ich habe beim besten Willen keinen blassen Schimmer, warum ich dieses Buch nie gelesen habe. Gekauft, abgestellt, vergessen. Letzteres ist kaum vorstellbar, denn der giftgrüne Umschlag macht mir nach jedem Umzug das Einsortieren besonders schwer (ja, ich sortiere teilweise nach Farbe). Kategorie das wird ganz bestimmt meine nächste Lektüre nach dem neuen Hornby und dem neuen Irving und dem neuen Sedaris und dem neuen....

5. Réjean Ducharme, L´avalée des avalés
Must have nach dem Film „Leolo“, in dem daraus permanent zitiert wird. Letztes Exemplar bei Amazon Frankreich ergattert. Kategorie Bücher, die auf französisch unheimlich mysteriös erscheinen, weil man der Sprache nur unzureichend mächtig ist. Was uns zu

6. führt: Theophile Gautier, Récits fantastiques
In einer Zeit erworben, in der mein französisch noch besser war, ich aber lieber auf englisch gelesen habe. Das Umschlagbild zeigt den Schrei von Edvard Munch. Allein deshalb musste ich es einfach haben. Kategorie was man nicht alles für die Bildung auf sich nimmt. In unmittelbarem Zusammenhang stehend mit

7. Francoise Sagan, Bonjour tristesse
Schätzungsweise zehnmal begonnen, schätzungsweise zehnmal nach der Hälfte zur Seite gelegt. Gelesen, um in Übung zu bleiben. Inhalt nie gemocht. Kategorie Bücher, an die man sich notgedrungen gewöhnt hat.

8. James Joyce, Ulysses
1991 mit den allerbesten Vorsätzen begonnen, nach etwa der Hälfte schwach geworden. Geht mir weg mit Allgemeinbildung, das Buch ist sterbenslangweilig. Kategorie wenn ich groß bin, möchte ich mitreden können.

9. Golo Mann, deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
Anfangs sehr interessant. Nach einigen Kapiteln wegen Wissensoverkill beendet. Seitdem nur noch drin geblättert. Kategorie Bücher, die bei Besuchern unheimlich Eindruck schinden.

10. Die Bibel, Verfasser unbekannt
Mit zehn meine erste Bibel bekommen. Am Anfang begonnen, nach den ersten fünf (echt jetzt!) Büchern Moses weggelegt. Später selektiv gelesen. Passagen mit exakter Quellenangabe auswendig gelernt. Kategorie Bücher, aus denen man in ernsthaften Diskussionen nicht zitieren sollte, ohne einen Imageverlust zu riskieren.

Welche Titel verstauben denn bei
Herrn Rationalstürmer
Herrn Bandini (was krieg ich jetzt dafür? ;-)
und Herrn Huflaikhan
so im Regal?

... comment

 
Es freut mich sehr, dass das von bonafide und mir aus einer spontanen Idee heraus entworfene "Stöckchen" in etwas abgewandelter Form nun immer weitere Kreise zieht und in immer höhere Sphären steigt.

Was alle Welt an "Bonjour tristesse" findet, ist auch mir ein Rätsel. Ich bin nie über 20 Seiten hinausgekommen.

... link  

 
Hat Spaß gemacht. Mein erstes selbstentworfenes Stöckchen ist nach Monaten wieder bei Frau Syberia aufgetaucht. Da musste ich doch ein wenig schmunzeln.

... link  

 
Bonjour Tristesse ist das erste Buch, das ich vollständig auf französisch gelesen habe. Irgendwie mochte ich es. So, was habe ich mir da nun wieder aufgehalst, ich Idiot. Naja, ich steige jetzt mal ins Lesezimmer und schaue mal was da so verrottet.

... link  

 
Moi, isch mag Bonjour Tristesse. Ist auch nur ein scheinbar leichtes Buch.

... link  


... comment