Freitag, 11. August 2006
... but it's only twenty-five 'til nine (2)
Seit einer Stunde la vida loca hinter der Türe meiner Nachbarin. Das Handy habe ich gestern Abend in den Flur gelegt. Dort liegt es immer noch und klingelt lustig in der Weckfunktion auf und ab. Volle Lautstärke. Erst denke ich jaja, die wird ihren Rausch ausschlafen. Doch ein merkwürdiges Gefühl lässt mich nicht los. Ich postiere mich vor ihrer Türe und beginne, im Rhythmus zum verrückten Leben Sturm zu klingeln. Als nach einer Viertelstunde immer noch keine Reaktion erfolgt, gucke ich durch den Briefschlitz. Das Licht brennt. Kleidung und anderes auf dem Boden verteilt.

Meine Gedanken verselbständigen sich. Immerhin könnte es ja sein, dass da mehr dahintersteckt. Was, wenn sie an Erbrochenem erstickt ist? Was, wenn sie Tabletten geschluckt hat? Ich gehe zur Hausmeisterin.
Die sperrt die Türe auf. Das trällernde Handy verfängt sich darunter und verhindert ein Öffnen. Nach etwas Fingerspitzenarbeit betrete ich die Wohnung und klopfe an die Schlafzimmertüre. Keine Reaktion. Ich öffne sie und rufe Hallo? Immer wieder. Keine Reaktion. Sie liegt vollkommen regungslos unter ihrer Decke. Zu sehen ist nur eine Hand, die über den Rand ragt. Gerade will ich zu ihr gehen, rufe noch einmal. Da bewegt sie sich, setzt sich auf und sieht mich aus großen Augen an. Sie ist komplett bekleidet - gestriger Stil. Ich stammle etwas von alles in Ordnung und Sorgen gemacht und verlasse die Wohnung gemeinsam mit der Hausmeisterin.

Gefühl der Erklärungsnot. Ich bin in eine Privatsphäre eingedrungen. Muss ich mir jetzt blöd vorkommen?

Nachtrag: Das Handy klingelt schon wieder. Ich dachte, ich hätte es ausgeschaltet. Verrücktes Leben.
Immerhin ist sie jetzt - was ich so höre - aufgestanden und hat eben die Wohnung verlassen. Geht ja schnell, wenn man sich schon am Vortag anzieht.

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Blöder wäre es gewesen, Du hättest nichts gemacht und Dich nach ein paar Tagen über einen strengen Geruch gewundert hättest. Sage ich jetzt mal so, ohne mir sicher zu sein, ob ich recht damit habe. Schwere Frage...

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Sie wurden ja gestern bereits in diese doch recht öffentliche Privatsphäre hineingezogen. Da spiegelt sich nur der gestrige Abend. Und: Sie haben Sorge und Anteilnahme gezeigt. Die Dame sollte dankbar sein.

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Je länger ich darüber nachdenke, umso wütender werde ich - ehrlich gesagt - über mein Verhalten. Aus irgendeinem Grund habe ich mich da hineinziehen LASSEN.

Ich befürchte nämlich, die Dame wird das ein wenig anders sehen. Zumindest gehen meine Erfahrungswerte mit dem Thema Alkohol und Betroffene dahin.

Wahrscheinlich gibt es kein Richtig und Falsch in diesem Fall, sondern nur verschiedene Perspektiven. Ich sollte mich lieber besser abgrenzen.

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Ich denke auch, dass es in Ordnung ist. Vielleicht kann sie sich später nicht mal mehr daran erinnern.
Es ist wirklich eher dankenswert, dass wenigstens einer sich sorgt und handelt.

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Bedankt hat sie sich bereits gestern. Zumindest habe ich dieses Wort gemeint, aus ihrem Lallen heraushören zu können.

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