Sonntag, 2. November 2008
Trust Me The Sun Always Shines On TV
frau klugscheisser, 17:51h
Das Tausendtagegedenkmal, ich werd's wahrscheinlich verbummeln. Drum schreib' ich einfach jetzt schon mal was im Voraus. So wie man Weihnachtsgeschenke schon im Voraus besorgen sollte, weil am Heiligabend sich die ganzen Verzweifelten über den Haufen rennen. Erfahrungsgemäß sind das sehr viele. Seltsam, denn Weihnachten ist jedes Jahr am 24. Dezember. Planbar sozusagen. Und dann ist es doch völlig überraschend so weit. Wie vieles andere eben auch.
Dabei habe ich mich gerade in eine etwas unplanbare Situation manövriert, was mir als Kontrollfreak im Grunde so überhaupt nicht liegt. Ich hätte gerne alles überschaubar, vorhersehbar und planbar aber bitteschön trotzdem mit Pauken und Trompeten. Sozusagen die vorhersehbare Überraschung. Das wäre dann ähnlich wie sich selbst ein Geschenk kaufen und beim Auspacken vergessen, was man eingepackt hat.
Im Allgemeinen bin ich ja ziemlich berechenbar. Für mich selbst halt - andere würden das sicherlich so nicht unterschreiben. Ich weiß auch meistens was ich will und wie ich es bekomme. Beispielsweise weiß ich genau, dass ich gegen Mittag hungrig sein werde. Ich kann dann was essen und so für ein wohliges Sättigungsgefühl im Bauch sorgen. Oder ich lege mich schlafen wenn ich müde bin. Das geschieht meistens am Abend. Ist in der Planerfüllung allerdings mehr als eine Partei - nämlich meine - involviert, gerät das ganze etwas aus den Fugen.
In der freien Marktwirtschaft setzt man dann Abgabefristen, lockt mit Provisionen oder droht mit Restriktionen. Im zwischenmenschlichen Bereich funktioniert's ähnlich. Meine Sache ist das nicht. Ich mag die Idee des freien Willens. Statt Abgabefristen, Drohungen oder Versprechen lieber Vertrauen. Was riskiere ich schon? Enttäuschung ist auch nur ein Gefühl und ich bin mir ziemlich sicher, damit weiterleben zu können. Das hat bisher jedenfalls funktioniert. Keine Ahnung, warum die meisten Menschen so viel Angst vor Gefühlen haben, sich aber gleichzeitig danach sehnen. Vertrauen ist auch nur so ein Gefühl. Hätte man Beweise, hieße es nicht Vertrauen, sondern Wissen.
Beispielsweise weiß ich, dass in ein paar Monaten der Frühling beginnt. Allerdings vertraue ich darauf, den Winter davor mit Hilfe eines Mantels und meiner Zentralheizung einigermaßen unbeschadet zu überstehen. Da brauche ich niemand anderen für. Dann kann Weihnachten ruhig kommen, denn ich bin gewappnet. Mit Geschenken unterm Arm und einem grimmigen Lächeln auf den Lippen werde ich denGefühlsdusel Heiligabend empfangen. Und Silvester gleich hinterher. So kann mir nix mehr passieren, was ich nicht geplant hätte. Außer ich vergesse, rechtzeitig einzukaufen. Hoffentlich hat dann wenigstens ein anderer daran gedacht.
Dabei habe ich mich gerade in eine etwas unplanbare Situation manövriert, was mir als Kontrollfreak im Grunde so überhaupt nicht liegt. Ich hätte gerne alles überschaubar, vorhersehbar und planbar aber bitteschön trotzdem mit Pauken und Trompeten. Sozusagen die vorhersehbare Überraschung. Das wäre dann ähnlich wie sich selbst ein Geschenk kaufen und beim Auspacken vergessen, was man eingepackt hat.
Im Allgemeinen bin ich ja ziemlich berechenbar. Für mich selbst halt - andere würden das sicherlich so nicht unterschreiben. Ich weiß auch meistens was ich will und wie ich es bekomme. Beispielsweise weiß ich genau, dass ich gegen Mittag hungrig sein werde. Ich kann dann was essen und so für ein wohliges Sättigungsgefühl im Bauch sorgen. Oder ich lege mich schlafen wenn ich müde bin. Das geschieht meistens am Abend. Ist in der Planerfüllung allerdings mehr als eine Partei - nämlich meine - involviert, gerät das ganze etwas aus den Fugen.
In der freien Marktwirtschaft setzt man dann Abgabefristen, lockt mit Provisionen oder droht mit Restriktionen. Im zwischenmenschlichen Bereich funktioniert's ähnlich. Meine Sache ist das nicht. Ich mag die Idee des freien Willens. Statt Abgabefristen, Drohungen oder Versprechen lieber Vertrauen. Was riskiere ich schon? Enttäuschung ist auch nur ein Gefühl und ich bin mir ziemlich sicher, damit weiterleben zu können. Das hat bisher jedenfalls funktioniert. Keine Ahnung, warum die meisten Menschen so viel Angst vor Gefühlen haben, sich aber gleichzeitig danach sehnen. Vertrauen ist auch nur so ein Gefühl. Hätte man Beweise, hieße es nicht Vertrauen, sondern Wissen.
Beispielsweise weiß ich, dass in ein paar Monaten der Frühling beginnt. Allerdings vertraue ich darauf, den Winter davor mit Hilfe eines Mantels und meiner Zentralheizung einigermaßen unbeschadet zu überstehen. Da brauche ich niemand anderen für. Dann kann Weihnachten ruhig kommen, denn ich bin gewappnet. Mit Geschenken unterm Arm und einem grimmigen Lächeln auf den Lippen werde ich den
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Donnerstag, 11. September 2008
C sharp minor
frau klugscheisser, 20:28h
Glenn Gould, Beethoven Sonate op. 27,2
Der Unterschied zwischen Glenn Gould und mir ist, dass Gould sein Leben lang tat, was er am besten konnte. Ich mache meistens Dinge, die ich (noch) nicht kann. Das allerdings mit einer gewissen Hartnäckigkeit und Ausdauer.
Kürzlich fragte mich einer, ob ich Johnny Depp mag. Nein, ich mag ihn nicht. Ich mag auch Jude Law nicht und muss beim Anblick von Matthew McConaughey nicht hyperventilieren. Na schön, wenn der Clooney neben mir stünde, würde ich vielleicht ein wenig schneller atmen aber auch nur noch die nächsten drei bis vier Jahre. Dann hat er seinen Zenit überschritten und verbringt den Rest seines Lebens am Pool mit einem Hausschwein. Der einzige Schauspieler, für den ich je schwärmte, war Robert Redford und das auch nur, weil man als Adoleszierende ja quasi gezwungen ist, für irgendwen zu schwärmen, der unter Gleichaltrigen bekannt ist. Insgeheim aber gehörte mein Herz Männern wie Glenn Gould und Klaus Kinski.
Es ist das kleine - oder auch große - Quentchen Wahnsinn, das mich immer schon faszinierte. Die steile Klippe am Rande des Abgrundes, an der sie alle so nonchalant entlangschlendern diese Genies. Der Kitzel, ohne Absicherung einen Grat entlangzubalancieren, welcher zwischen Himmel und Hölle liegt. Ich kann mich heute noch stundenlang damit beschäftigen, was in einem Gustav Mahler vorgegangen sein mag, der sein kleines Mädchen zu Grabe trägt, nachdem er drei Jahre zuvor die Kindertotenlieder Rückerts vertonte. Und was bewegt einen, der fröhliche Tanzstücke komponierte, dabei aber - von seinen sogenannten Freunden gar als 'Schwammerl' tituliert - der einsamste Bursche war, den man sich vorstellen kann? Und wie hat einer gelebt, dessen einzig tiefe Bindung die zu Werken toter Komponisten war, dessen brilliante Intelligenz in messerscharfer Analyse durch tonale Zusammenhänge schnitt, der aber keine Ahnung von der Stabilität des kanadischen Dollars hatte? Es interessierte ihn einfach nicht.
Glenn Gould und ich, wir waren zu verschieden. Und obwohl ich die Sache mit dem Wahnsinn mehrmals ausprobierte, wollte es einfach nicht gelingen. Vielleicht fehlte mir die nötige Intelligenz, vielleicht eine gewisse Genialität. Jedenfalls ist nie was aus uns geworden. Bereut habe ich es aber nicht. Echter Wahnsinn kann im Alltag nämlich ganz schön anstrengend sein. Und ich bin inzwischen schon um einiges ruhiger geworden.
Der Unterschied zwischen Glenn Gould und mir ist, dass Gould sein Leben lang tat, was er am besten konnte. Ich mache meistens Dinge, die ich (noch) nicht kann. Das allerdings mit einer gewissen Hartnäckigkeit und Ausdauer.
Kürzlich fragte mich einer, ob ich Johnny Depp mag. Nein, ich mag ihn nicht. Ich mag auch Jude Law nicht und muss beim Anblick von Matthew McConaughey nicht hyperventilieren. Na schön, wenn der Clooney neben mir stünde, würde ich vielleicht ein wenig schneller atmen aber auch nur noch die nächsten drei bis vier Jahre. Dann hat er seinen Zenit überschritten und verbringt den Rest seines Lebens am Pool mit einem Hausschwein. Der einzige Schauspieler, für den ich je schwärmte, war Robert Redford und das auch nur, weil man als Adoleszierende ja quasi gezwungen ist, für irgendwen zu schwärmen, der unter Gleichaltrigen bekannt ist. Insgeheim aber gehörte mein Herz Männern wie Glenn Gould und Klaus Kinski.
Es ist das kleine - oder auch große - Quentchen Wahnsinn, das mich immer schon faszinierte. Die steile Klippe am Rande des Abgrundes, an der sie alle so nonchalant entlangschlendern diese Genies. Der Kitzel, ohne Absicherung einen Grat entlangzubalancieren, welcher zwischen Himmel und Hölle liegt. Ich kann mich heute noch stundenlang damit beschäftigen, was in einem Gustav Mahler vorgegangen sein mag, der sein kleines Mädchen zu Grabe trägt, nachdem er drei Jahre zuvor die Kindertotenlieder Rückerts vertonte. Und was bewegt einen, der fröhliche Tanzstücke komponierte, dabei aber - von seinen sogenannten Freunden gar als 'Schwammerl' tituliert - der einsamste Bursche war, den man sich vorstellen kann? Und wie hat einer gelebt, dessen einzig tiefe Bindung die zu Werken toter Komponisten war, dessen brilliante Intelligenz in messerscharfer Analyse durch tonale Zusammenhänge schnitt, der aber keine Ahnung von der Stabilität des kanadischen Dollars hatte? Es interessierte ihn einfach nicht.
Glenn Gould und ich, wir waren zu verschieden. Und obwohl ich die Sache mit dem Wahnsinn mehrmals ausprobierte, wollte es einfach nicht gelingen. Vielleicht fehlte mir die nötige Intelligenz, vielleicht eine gewisse Genialität. Jedenfalls ist nie was aus uns geworden. Bereut habe ich es aber nicht. Echter Wahnsinn kann im Alltag nämlich ganz schön anstrengend sein. Und ich bin inzwischen schon um einiges ruhiger geworden.
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Mittwoch, 27. August 2008
Long ago and far away
frau klugscheisser, 15:46h
Retrotwittern: Postkarten schreiben. Mehr als zweihundert Zeichen gehen da auch nicht drauf - nicht mit Briefmarke und Adresse.
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Montag, 25. August 2008
All The Things You Are
frau klugscheisser, 01:50h
Ella
Rennt, springt, tanzt, eßt, trinkt, liebt, lacht, weint, singt, schreit, flüstert, schleicht, streichelt, klatscht, beobachtet, tastet, riecht, fühlt, hört, sinniert, steht, wartet, lauft, umarmt, greift, haltet, atmet, träumt, wacht, ...
Aber tut es nicht so halbherzig, wie Ihr alles andere jeden Tag halbherzig und distanziert erledigt. Tut all das mit all der Euch eigenen Kraft und Leidenschaft. Tut es mit aller Aufmerksamkeit und Konzentration, mit allen Sinnen und aus ganzem Herzen. Taucht in den Moment wie der Pinsel in einen Farbtopf, wie der Kopfsprung in kühles Wasser an einem heißen Sommertag. Macht Euch zu einem Teil des Geschehens wie die Note Teil des Liedes und der Sonnenstrahl Teil des Lichtes ist. Wie der Tropfen Teil eines Sees ist und der Grashalm Teil einer Wiese.
Riskiert, dabei verletzt zu werden, wie der Schreiner einen Spreißel riskiert. Riskiert, aus dem Gleichgewicht zu geraten, wie der Seiltänzer einen Sturz riskiert. Riskiert die erstaunten, ärgerlichen oder gar neidischen Blicke der anderen, wie ein Schauspieler auf der Bühne die Blicke auf sich zieht. Beginnt, dieses Risiko anzunehmen und zu lieben. Erst dann entfalten die Dinge ihre ganz eigene Magie. Und jeder Augenblick füllt Eure Herzen mit dem Glück, das Ihr bisher so sehr herbeisehntet.
Frau Klugscheisser, Gesammelte Werke Bd. 1
Rennt, springt, tanzt, eßt, trinkt, liebt, lacht, weint, singt, schreit, flüstert, schleicht, streichelt, klatscht, beobachtet, tastet, riecht, fühlt, hört, sinniert, steht, wartet, lauft, umarmt, greift, haltet, atmet, träumt, wacht, ...
Aber tut es nicht so halbherzig, wie Ihr alles andere jeden Tag halbherzig und distanziert erledigt. Tut all das mit all der Euch eigenen Kraft und Leidenschaft. Tut es mit aller Aufmerksamkeit und Konzentration, mit allen Sinnen und aus ganzem Herzen. Taucht in den Moment wie der Pinsel in einen Farbtopf, wie der Kopfsprung in kühles Wasser an einem heißen Sommertag. Macht Euch zu einem Teil des Geschehens wie die Note Teil des Liedes und der Sonnenstrahl Teil des Lichtes ist. Wie der Tropfen Teil eines Sees ist und der Grashalm Teil einer Wiese.
Riskiert, dabei verletzt zu werden, wie der Schreiner einen Spreißel riskiert. Riskiert, aus dem Gleichgewicht zu geraten, wie der Seiltänzer einen Sturz riskiert. Riskiert die erstaunten, ärgerlichen oder gar neidischen Blicke der anderen, wie ein Schauspieler auf der Bühne die Blicke auf sich zieht. Beginnt, dieses Risiko anzunehmen und zu lieben. Erst dann entfalten die Dinge ihre ganz eigene Magie. Und jeder Augenblick füllt Eure Herzen mit dem Glück, das Ihr bisher so sehr herbeisehntet.
Frau Klugscheisser, Gesammelte Werke Bd. 1
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Mittwoch, 20. August 2008
Face in the mirror
frau klugscheisser, 14:39h
Wären wir blind, müssten wir fühlen. So aber starren wir in die blanke Reflexion, um nach Makeln zu suchen, um uns wieder zuerkennen oder einfach nur in der Hoffnung, etwas von dem zu begreifen, was ein anderer in uns sieht. Spiegel sind für jene, die von der Meinung anderer leben. Wenn ich es fragte, hat mir mein Spiegelbild noch nie irgendeine Wahrheit über mich verraten. Im Gegenteil, es versucht regelmäßig, meine innere Sicherheit zu boykottieren. Ich werde dieses Geplapper in Zukunft ignorieren und lieber auf meinen Bauch hören.
The Mirror
The Mirror
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Samstag, 2. August 2008
Living in America
frau klugscheisser, 00:55h
Wird mal wieder Zeit für ernstere Themen hier. Wird überhaupt mal wieder Zeit für Neues. Der Grund für die einwöchige Pause: Amerika. Ich scheine seit zwei Wochen ein Abo auf die Strecke nach Übersee zu haben. Denver und kein Ende.
Meistens bin ich müde wenn ich hinfliege und müde, wenn ich dort ankomme. Müde bin ich während des Aufenthaltes und noch müder auf dem Heimflug. Der Gipfel der Müdigkeit ist erreicht, wenn ich dann zuhause ankomme. Kaum ausgeschlafen, soll ich auch schon wieder los. Meinen Jetlag betreffend behaupte ich ja immer, Biorhythmus sei was für Weicheier. Inzwischen bin ich selber eines, ich hätte nämlich gerne sowas wie einen Rhythmus. Muss auch nicht Bio sein, das klingt mir sowieso zu sehr nach Öko. Ich steh halt auf Chemie. Schon als Kind liebte ich Esspapier und rote Lebensmittelfarbe. Ich leckte am Tintenkiller und kaute Uhukügelchen. Uhu schmeckt übrigens besser als Pattex, einfach echter. Pattex hingegen war das Pepsi der Siebziger und somit bäh. Womöglich verbrachte ich meine Schulzeit in einem asbestverseuchten Raum und inhalierte zu viel Kohlenmonoxid an der Kreuzung vor meiner Schule aufgrund fehlender Körpergröße.
Amerika ist ein Chemieparadies, vermutlich wegen des overkills an Natur. Fährst du aus der Stadt raus, hast du Natur und zwar soweit das Auge reicht. Über kurz oder lang wird man da automatisch zum Walton wenn man nicht gegensteuert. Das wiederum geht am einfachsten in den sogenannten Drugstores. Walgreens, CVS, Rite Aid und wie sie alle heißen, die örtlichen Drogeriemärkte, sind das Eldorado für jeden Chemiejunkie. Da kann ich ganze Nachmittage verbringen. Im Unterschied zu Deutschland führen amerikanische Drogenläden nämlich allerlei chemische Drogen, die hierzulande unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Ganz ohne Rezept erhältlich. Ich hab's ausprobiert mit Migränetabletten. Eine Tablette wirkt ungefähr wie eine Monatsdosis Prozac in Kombination mit zwei Liter Billiglambrusco. Die Kopfschmerzen sind damit zwar nicht komplett weg aber das geringere Problem. Nach jeder Einnahme braucht man etwa 48 Stunden, um beim Notar seine Testierfähigkeit glaubhaft vertreten zu können. Zwei Tage debiles Glücksgefühl andererseits ist auch nicht zu verachten. Frag' mal jemand, der auf Wick MediNait® ist, der hat ähnliche Erfahrungen gemacht.
Nebenbei führen die natürlich auchharmlosere weniger gefährliche Medikamente. Letztens sah ich eines gegen Wasser im Ohr. Ich bin ja so naiv, benutze nach dem Duschen Ohrenstäbchen oder warte gar mit seitlich geneigtem Kopf, bis das Wasser abläuft. Nein, Wasser im Ohr ist ganz, ganz böse und muss medikamentös bekämpft werden. Oder Medikamente gegen Verstopfung - laut Beschreibung schon am ersten Tag anwendbar. Ich bin ja immer ganz froh, wenn ich nicht so oft aufs Klo muss. Falls doch nötig, hilft auch eine Ration ausgesuchtes Gemüse. Am vierten Tag ohne mache ich mir eventuell diesbezüglich Gedanken. Vermutlich würde ich aber auch nicht kacken (sorry) können, wenn ich nur weiches Brot und Vitaminpillen in mich reinstopfe. In einem Land, in dem es sogar Tabletten gegen Darmgase gibt, muss eben medikamentös nachgeholfen werden. Man stelle sich das vor: ein ganzes Land chronisch verstopft. Vielleicht hätte Bush Junior statt im Irak lieber mal in sein stilles Örtchen einmarschieren und seine persönlichen Massenvernichtungswaffen entdecken sollen.
Wie gesagt, ganze Nachmittage kann ich mich dort mit Beipackzetteln und Verpackungstexten vergnügen. Am liebsten im Gang zwischen Erkältungsmedizin und Vitaminpillen, da ist am meisten los. Einsam hingegen ist es zwischen Verdauung und Verhütung. Wenn sich mal einer hierher verirrt, dann versucht der möglichst schnell wieder zu verschwinden, denn in Amerika hat man weder Verdauung noch Sex. Zumindest nicht vor Dritten.
Jeder gut sortierte Drogeriemarkt hat auch eine Lebensmittelabteilung. Viel mehr als Chips und Cookies, Bonbons und Kaugummis gibt der Laden aber kaum her. Schließlich will man den Absatz von Diätpillen ankurbeln. Und auch die Getränkeregale sind nicht ohne Hintersinn eingerichtet. Eine dieser Tiefkühltüren im Hochsommer geöffnet und du findest dich im Handumdrehen vor dem Erkältungsregal wieder. Du kennst einen, der zu lange vor geöffneter Tiefkühltüre stand? Dann findest du im nächsten Gang Genesungs- oder schlimmstenfalls Kondolenzkarten. Einer, der sich in der Eile bei den Verhütungsmitteln vergriffen hat? Glückwunschkarten zu Eheschließung und Geburt. Einer mit Verdauung? Glückwunsch zum neuen Heim in Übersee. Und was wünscht man einem, der gerade seine Migränetabletten genommen hat? Einen schönen Kurzurlaub und eine verdammt gute Haftpflichtversicherung.
Meistens bin ich müde wenn ich hinfliege und müde, wenn ich dort ankomme. Müde bin ich während des Aufenthaltes und noch müder auf dem Heimflug. Der Gipfel der Müdigkeit ist erreicht, wenn ich dann zuhause ankomme. Kaum ausgeschlafen, soll ich auch schon wieder los. Meinen Jetlag betreffend behaupte ich ja immer, Biorhythmus sei was für Weicheier. Inzwischen bin ich selber eines, ich hätte nämlich gerne sowas wie einen Rhythmus. Muss auch nicht Bio sein, das klingt mir sowieso zu sehr nach Öko. Ich steh halt auf Chemie. Schon als Kind liebte ich Esspapier und rote Lebensmittelfarbe. Ich leckte am Tintenkiller und kaute Uhukügelchen. Uhu schmeckt übrigens besser als Pattex, einfach echter. Pattex hingegen war das Pepsi der Siebziger und somit bäh. Womöglich verbrachte ich meine Schulzeit in einem asbestverseuchten Raum und inhalierte zu viel Kohlenmonoxid an der Kreuzung vor meiner Schule aufgrund fehlender Körpergröße.
Amerika ist ein Chemieparadies, vermutlich wegen des overkills an Natur. Fährst du aus der Stadt raus, hast du Natur und zwar soweit das Auge reicht. Über kurz oder lang wird man da automatisch zum Walton wenn man nicht gegensteuert. Das wiederum geht am einfachsten in den sogenannten Drugstores. Walgreens, CVS, Rite Aid und wie sie alle heißen, die örtlichen Drogeriemärkte, sind das Eldorado für jeden Chemiejunkie. Da kann ich ganze Nachmittage verbringen. Im Unterschied zu Deutschland führen amerikanische Drogenläden nämlich allerlei chemische Drogen, die hierzulande unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Ganz ohne Rezept erhältlich. Ich hab's ausprobiert mit Migränetabletten. Eine Tablette wirkt ungefähr wie eine Monatsdosis Prozac in Kombination mit zwei Liter Billiglambrusco. Die Kopfschmerzen sind damit zwar nicht komplett weg aber das geringere Problem. Nach jeder Einnahme braucht man etwa 48 Stunden, um beim Notar seine Testierfähigkeit glaubhaft vertreten zu können. Zwei Tage debiles Glücksgefühl andererseits ist auch nicht zu verachten. Frag' mal jemand, der auf Wick MediNait® ist, der hat ähnliche Erfahrungen gemacht.
Nebenbei führen die natürlich auch
Wie gesagt, ganze Nachmittage kann ich mich dort mit Beipackzetteln und Verpackungstexten vergnügen. Am liebsten im Gang zwischen Erkältungsmedizin und Vitaminpillen, da ist am meisten los. Einsam hingegen ist es zwischen Verdauung und Verhütung. Wenn sich mal einer hierher verirrt, dann versucht der möglichst schnell wieder zu verschwinden, denn in Amerika hat man weder Verdauung noch Sex. Zumindest nicht vor Dritten.
Jeder gut sortierte Drogeriemarkt hat auch eine Lebensmittelabteilung. Viel mehr als Chips und Cookies, Bonbons und Kaugummis gibt der Laden aber kaum her. Schließlich will man den Absatz von Diätpillen ankurbeln. Und auch die Getränkeregale sind nicht ohne Hintersinn eingerichtet. Eine dieser Tiefkühltüren im Hochsommer geöffnet und du findest dich im Handumdrehen vor dem Erkältungsregal wieder. Du kennst einen, der zu lange vor geöffneter Tiefkühltüre stand? Dann findest du im nächsten Gang Genesungs- oder schlimmstenfalls Kondolenzkarten. Einer, der sich in der Eile bei den Verhütungsmitteln vergriffen hat? Glückwunschkarten zu Eheschließung und Geburt. Einer mit Verdauung? Glückwunsch zum neuen Heim in Übersee. Und was wünscht man einem, der gerade seine Migränetabletten genommen hat? Einen schönen Kurzurlaub und eine verdammt gute Haftpflichtversicherung.
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Samstag, 31. Mai 2008
Watermelon man
frau klugscheisser, 00:21h
Herbie Hancock
Prall und rund liegt sie vor mir. Ich halte sie an mein Ohr und klopfe mit dem Knöchel gegen die Schale. Ihr Innerstes antwortet mit dem dumpfen Echo einer Trommel. Als sich das Messer durch das Äußere bohrt, tropft Saft wie Tränen heraus. Wie weich es sich durch ihr rotes Fleisch führen lässt, nachdem der erste Widerstand gebrochen ist. Wie eine Hure mit offenen Beinen bietet sie sich mir an. Ich grabe meine Zähne hinein. An meinen Mundwinkeln bilden sich kleine Rinnsale, Wasser läuft mir die Arme bis zu den Ellenbogen hinunter. Das letzte Stück - dort wo das rot zartrosa wird und schließlich in einer weißen Schicht endet - ist am schwersten zu erreichen, und obwohl ihr Geschmack dort nur noch eine Reminiszenz dessen ist, was so orgiastisch begann, presse ich meinen Mund gegen die Innenseite der Schale und höhle sie mit meinen Zähnen vollständig aus.
Die grünen Reste türmen sich auf einem Teller. Viereinhalb Kilo wog sie und bestand doch fast nur aus Wasser, das Melonenbaby.
Prall und rund liegt sie vor mir. Ich halte sie an mein Ohr und klopfe mit dem Knöchel gegen die Schale. Ihr Innerstes antwortet mit dem dumpfen Echo einer Trommel. Als sich das Messer durch das Äußere bohrt, tropft Saft wie Tränen heraus. Wie weich es sich durch ihr rotes Fleisch führen lässt, nachdem der erste Widerstand gebrochen ist. Wie eine Hure mit offenen Beinen bietet sie sich mir an. Ich grabe meine Zähne hinein. An meinen Mundwinkeln bilden sich kleine Rinnsale, Wasser läuft mir die Arme bis zu den Ellenbogen hinunter. Das letzte Stück - dort wo das rot zartrosa wird und schließlich in einer weißen Schicht endet - ist am schwersten zu erreichen, und obwohl ihr Geschmack dort nur noch eine Reminiszenz dessen ist, was so orgiastisch begann, presse ich meinen Mund gegen die Innenseite der Schale und höhle sie mit meinen Zähnen vollständig aus.
Die grünen Reste türmen sich auf einem Teller. Viereinhalb Kilo wog sie und bestand doch fast nur aus Wasser, das Melonenbaby.
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Samstag, 24. Mai 2008
Make it good
frau klugscheisser, 01:25h
snoop dogg
Wiedergutmachung.
"Ich mache es wieder gut."
"Mutti pustet und alles ist wieder gut."
Gibt es Wiedergutmachung? Funktioniert dieses Prinzip? Wenn etwas in der Vergangenheit schief gelaufen ist, kann es in der Gegenwart nicht korrigiert, sondern bei zukünftiger Gelegenheit nur anders gemacht werden. Wiederandersmachung sozusagen.
Im Grunde erinnert das Wort an etwas Kindliches. Das Kind, das Blümchen pflückt oder Bilder malt, weil Papi böse ist und es wieder liebgehabt werden will.
Wenn man einen Fehler macht, durch den ein anderer zu Schaden kommt, sollte man sich dafür entschuldigen und entstandene Nachteile soweit als möglich ausgleichen. Aber etwas Wiedergutmachen im Sinne von etwas Schlechtes in sein Gegenteil kehren, das geht nicht.
Wiedergutmachung.
"Ich mache es wieder gut."
"Mutti pustet und alles ist wieder gut."
Gibt es Wiedergutmachung? Funktioniert dieses Prinzip? Wenn etwas in der Vergangenheit schief gelaufen ist, kann es in der Gegenwart nicht korrigiert, sondern bei zukünftiger Gelegenheit nur anders gemacht werden. Wiederandersmachung sozusagen.
Im Grunde erinnert das Wort an etwas Kindliches. Das Kind, das Blümchen pflückt oder Bilder malt, weil Papi böse ist und es wieder liebgehabt werden will.
Wenn man einen Fehler macht, durch den ein anderer zu Schaden kommt, sollte man sich dafür entschuldigen und entstandene Nachteile soweit als möglich ausgleichen. Aber etwas Wiedergutmachen im Sinne von etwas Schlechtes in sein Gegenteil kehren, das geht nicht.
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Mittwoch, 7. Mai 2008
Don't worry be happy
frau klugscheisser, 23:18h
In every life we have some trouble,
when you worry you make it double.
Die meiste Aufmerksamkeit bekommt man von seinen Feinden. Es scheint fast unmöglich zu sein, sich gegenseitig souverän zu ignorieren. Nein, man beobachtet sich argusäugisch, beschnüffelt sich, immer zum nächsten Biss bereit. Und keiner ist bereit, auch nur einen Schritt zurückzuweichen. Im Gegenteil, man rechnet auf, rechnet so lange, bis die Rechnung zu den eigenen Gunsten steht. Dann springt man auf und schreit laut: "Seht her, der hat mich betrogen. Der ist schlecht und ich bin gut!" nur um ein wenig Bestätigung von schwächlichen Claqueuren zu ernten.
Wurde man zu Schulzeiten gefragt, was man nicht mag, lautete die Standardantwort "intolerante Menschen und Rechthaberei". Was ist aus denen geworden, die solche Antworten gaben? Es ist einfacher, mit dem Finger auf andere zu zeigen, als sich selbst zu hinterfragen. So entstehen auf Sand geführte Kriege. Erst im Kasten, später in Wüsten, erst mit Förmchen, später mit Kügelchen. Das Ziel ist einfach zu taxieren, weil es berechenbar ist, weil es reagiert. Der Treffer muss für den Schützen sichtbar sein, sonst verliert er das Interesse. Er will sein Opfer erlegen, nicht verfehlen.
Warum kann man Häme und Sticheleien so schlecht ignorieren? "Das lasse ich mir nicht gefallen! Das ist ungerecht!" schreien wir, während wir insgeheim den Gleichmut des Dalai Lama bewundern. Ist es denn so schlimm, wenn wir einmal nicht gut dastehen, wo wir doch so oft betonen, wie unabhängig wir von der Meinung anderer seien? Ist es so fürchterlich, wenn wir ungerecht behandelt werden, wo wir doch die Schwächen des Gegenüber erkennen? Ist es die Erinnerung an ein böses Wort oder eine Gemeinheit wert, wo es so viel Schöneres zu memorieren gibt? Wut, Ärger, Verletzung, all das soll nicht ignoriert werden. Gefühle haben ihre Berechtigung. Allerdings sind sie nur das, was wir aus ihnen machen. Wut und Ärger verfliegen, Verletzung heilt. Es sei denn, wir sorgen selbst für ausreichend Brennstoff, um das Feuer zu nähren.
Genug verallgemeinert, meine eigene Nase verrät mir Unangenehmes über mich. Kürzlich fühlte ich mich von einer anderen Person sehr ungerecht behandelt, was mich wütend machte. Und dann erkannte ich ihre Schwächen, ihre Unzulänglichkeiten und ihr Muster. Ich hätte dieses Wissen zu meinen Gunsten ausspielen können. Ich hatte die Wahl, diese Person ebenfalls zu verletzen oder sie zu ignorieren. Ich wählte letztere Möglichkeit. In letzter Zeit wähle ich immer öfter so. Vielleicht bedeutet das einen Fortschritt, bewußt zu entscheiden, was mir schadet und was mir gut tut, im Sinne von selbstverantwortlicher Lebensqualität. Vielleicht ist es aber auch vollkommener Schwachsinn.
Ich bin nicht Gott. Ich übe noch.
when you worry you make it double.
Die meiste Aufmerksamkeit bekommt man von seinen Feinden. Es scheint fast unmöglich zu sein, sich gegenseitig souverän zu ignorieren. Nein, man beobachtet sich argusäugisch, beschnüffelt sich, immer zum nächsten Biss bereit. Und keiner ist bereit, auch nur einen Schritt zurückzuweichen. Im Gegenteil, man rechnet auf, rechnet so lange, bis die Rechnung zu den eigenen Gunsten steht. Dann springt man auf und schreit laut: "Seht her, der hat mich betrogen. Der ist schlecht und ich bin gut!" nur um ein wenig Bestätigung von schwächlichen Claqueuren zu ernten.
Wurde man zu Schulzeiten gefragt, was man nicht mag, lautete die Standardantwort "intolerante Menschen und Rechthaberei". Was ist aus denen geworden, die solche Antworten gaben? Es ist einfacher, mit dem Finger auf andere zu zeigen, als sich selbst zu hinterfragen. So entstehen auf Sand geführte Kriege. Erst im Kasten, später in Wüsten, erst mit Förmchen, später mit Kügelchen. Das Ziel ist einfach zu taxieren, weil es berechenbar ist, weil es reagiert. Der Treffer muss für den Schützen sichtbar sein, sonst verliert er das Interesse. Er will sein Opfer erlegen, nicht verfehlen.
Warum kann man Häme und Sticheleien so schlecht ignorieren? "Das lasse ich mir nicht gefallen! Das ist ungerecht!" schreien wir, während wir insgeheim den Gleichmut des Dalai Lama bewundern. Ist es denn so schlimm, wenn wir einmal nicht gut dastehen, wo wir doch so oft betonen, wie unabhängig wir von der Meinung anderer seien? Ist es so fürchterlich, wenn wir ungerecht behandelt werden, wo wir doch die Schwächen des Gegenüber erkennen? Ist es die Erinnerung an ein böses Wort oder eine Gemeinheit wert, wo es so viel Schöneres zu memorieren gibt? Wut, Ärger, Verletzung, all das soll nicht ignoriert werden. Gefühle haben ihre Berechtigung. Allerdings sind sie nur das, was wir aus ihnen machen. Wut und Ärger verfliegen, Verletzung heilt. Es sei denn, wir sorgen selbst für ausreichend Brennstoff, um das Feuer zu nähren.
Genug verallgemeinert, meine eigene Nase verrät mir Unangenehmes über mich. Kürzlich fühlte ich mich von einer anderen Person sehr ungerecht behandelt, was mich wütend machte. Und dann erkannte ich ihre Schwächen, ihre Unzulänglichkeiten und ihr Muster. Ich hätte dieses Wissen zu meinen Gunsten ausspielen können. Ich hatte die Wahl, diese Person ebenfalls zu verletzen oder sie zu ignorieren. Ich wählte letztere Möglichkeit. In letzter Zeit wähle ich immer öfter so. Vielleicht bedeutet das einen Fortschritt, bewußt zu entscheiden, was mir schadet und was mir gut tut, im Sinne von selbstverantwortlicher Lebensqualität. Vielleicht ist es aber auch vollkommener Schwachsinn.
Ich bin nicht Gott. Ich übe noch.
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Dienstag, 6. Mai 2008
Paper
frau klugscheisser, 00:08h
Paper
Frage: warum ist Toilettenpapier in Deutschland dreilagig?
Antwort: weil man für jeden Scheiß zwei Durchschläge braucht.
Eigentlich wollte ich ja die Tage über was ganz anderes schreiben. Da waren beispielsweise diese Selbstzweifel, die sich wie Gewitterwolken bedrohlich über mir zusammenzogen. "Ach," denke ich so bei mir "schreibst das wann anders." Das braucht Zeit, das will erst mal verarbeitet sein, verdaut sowieso. Und während ich so verdaue, fällt mir wieder dieser Witz ein.
Ehrlich gesagt bin ich froh, in Deutschland zu leben. Zumindest im Hinblick auf die Toilettenpapiersituation. Jeder, der sich schon mal länger als zwei Tage im Ausland aufhielt, weiß was ich meine. Die ersten zwei Tage könnte man das, was man oben in sich hineinstopft, locker drin behalten. Irgendwann muss aber alles unten wieder raus. Chili und Pepperoni auch schon früher. Da beginnt dann die Misere. Das Gefühl der Erleichterung hält genau so lange an, bis die Hand das entsprechende Papier zur Endreinigung ertastet. Statt reißfest-flauschiger Konsistenz spürt sie dort nur einen Hauch von nichts, sozusagen die Sommerkollektion für das gepflegte Arschloch.
Einige Blätter aus hauchdünnem Zellstoff hängen da von der Wand, die schon bei leichtem Zug zum Abrollen in der Mitte nachgeben. Dieses Papier ist so dünn, das braucht keine Perforierungslinien, das fällt wie Herbstlaub von der Rolle. Das reißt schon, wenn man ganz leise hineinpupst. Ich frage mich dann immer, wozu die Landesbewohner überhaupt Papier in Rollen an die Wand neben der Kloschüssel hängen, wenn nicht zu reinen Dekorationszwecken. Zum Abputzen taugt das Zeug jedenfalls nicht. Schließlich will man sich nicht unbedingt die Hände schmutzig machen. Da sind die Araber schon ehrlicher. Sie lassen das Pseudozweckpapier einfach von vorne herein weg und nehmen die Linke. In Amerika hingegen ist der Schein bekanntlich wichtiger als alles andere.
Dass sich wenig saugfähiges Papier auf dem amerikanischen Markt behaupten kann, liegt vorwiegend an den zu Europäern unterschiedlichen Wischgewohnheiten der Amerikaner. Der durchschnittliche Gesäßreiniger ist dort nämlich ein 'Knüller', d.h. er formt aus den dünnen Blättchen einen stabilen Ballen, während der Europäer eher faltet. Hochentwickelte Kulturen - als Beispiel sei die Schweiz genannt - neigen übrigens eher zum Falten als sogenannte Hygieneentwicklungsländer. Scheinsauberkeit beginnt schon in Südeuropa. Auch dass man die Reißfestigkeit von nassem Toilettenpapier mit Murmeln testet, dass der Konsument lieber auf gelb und blau scheißt als auf rot [Zitat: es muss in der Schüssel was hermachen] und dass der Weg, den benutztes Papier vom Po zum Klärwerk in der Kanalisation zurücklegt, vier bis fünf Stunden dauert (so lange braucht man übrigens mit dem Zug von Bonn nach Berlin) all das lerne ich aus einem Artikel über die Entwicklung eines neuen Toilettenpapieres.
Inzwischen bin ich gegenüber Bewohnern von Ländern, in denen vorwiegend einlagiges Toilettenpapier benutzt wird, mißtrauisch geworden. In Anbetracht der Tatsache, dass sich viele Toilettengänger nach Vollzug nicht die Hände waschen, gewinnt die Reißfestigkeit bzw. Saugfähigkeit von Toilettenpapier eine ganz andere Bedeutung. Das aber nur am Rande. Für meinen persönlichen Komfort brauche ich dreilagiges Toilettenpapier, an Weihnachten gönne ich mir auch mal fünf Lagen. Blümchen müssen nicht sein, ebensowenig diverse Farbschattierungen. Es soll ja Leute geben, die Toilettenpapier nach der Farbe der Fliesen aussuchen. Wenn schon Farbe, dann bitte für jede Lage eine: schwarz-rot-gold, das wär's! Damit ließe sich nicht nur das große Geschäft, sondern auch die Nacht zum 1.Mai viel stimmungsvoller gestalten. Aber das traut sich natürlich wieder keiner. Alle Schisser, die Deutschen. Schon deshalb muss Toilettenpapier in Deutschland dreilagig sein.
Frage: warum ist Toilettenpapier in Deutschland dreilagig?
Antwort: weil man für jeden Scheiß zwei Durchschläge braucht.
Eigentlich wollte ich ja die Tage über was ganz anderes schreiben. Da waren beispielsweise diese Selbstzweifel, die sich wie Gewitterwolken bedrohlich über mir zusammenzogen. "Ach," denke ich so bei mir "schreibst das wann anders." Das braucht Zeit, das will erst mal verarbeitet sein, verdaut sowieso. Und während ich so verdaue, fällt mir wieder dieser Witz ein.
Ehrlich gesagt bin ich froh, in Deutschland zu leben. Zumindest im Hinblick auf die Toilettenpapiersituation. Jeder, der sich schon mal länger als zwei Tage im Ausland aufhielt, weiß was ich meine. Die ersten zwei Tage könnte man das, was man oben in sich hineinstopft, locker drin behalten. Irgendwann muss aber alles unten wieder raus. Chili und Pepperoni auch schon früher. Da beginnt dann die Misere. Das Gefühl der Erleichterung hält genau so lange an, bis die Hand das entsprechende Papier zur Endreinigung ertastet. Statt reißfest-flauschiger Konsistenz spürt sie dort nur einen Hauch von nichts, sozusagen die Sommerkollektion für das gepflegte Arschloch.
Einige Blätter aus hauchdünnem Zellstoff hängen da von der Wand, die schon bei leichtem Zug zum Abrollen in der Mitte nachgeben. Dieses Papier ist so dünn, das braucht keine Perforierungslinien, das fällt wie Herbstlaub von der Rolle. Das reißt schon, wenn man ganz leise hineinpupst. Ich frage mich dann immer, wozu die Landesbewohner überhaupt Papier in Rollen an die Wand neben der Kloschüssel hängen, wenn nicht zu reinen Dekorationszwecken. Zum Abputzen taugt das Zeug jedenfalls nicht. Schließlich will man sich nicht unbedingt die Hände schmutzig machen. Da sind die Araber schon ehrlicher. Sie lassen das Pseudozweckpapier einfach von vorne herein weg und nehmen die Linke. In Amerika hingegen ist der Schein bekanntlich wichtiger als alles andere.
Dass sich wenig saugfähiges Papier auf dem amerikanischen Markt behaupten kann, liegt vorwiegend an den zu Europäern unterschiedlichen Wischgewohnheiten der Amerikaner. Der durchschnittliche Gesäßreiniger ist dort nämlich ein 'Knüller', d.h. er formt aus den dünnen Blättchen einen stabilen Ballen, während der Europäer eher faltet. Hochentwickelte Kulturen - als Beispiel sei die Schweiz genannt - neigen übrigens eher zum Falten als sogenannte Hygieneentwicklungsländer. Scheinsauberkeit beginnt schon in Südeuropa. Auch dass man die Reißfestigkeit von nassem Toilettenpapier mit Murmeln testet, dass der Konsument lieber auf gelb und blau scheißt als auf rot [Zitat: es muss in der Schüssel was hermachen] und dass der Weg, den benutztes Papier vom Po zum Klärwerk in der Kanalisation zurücklegt, vier bis fünf Stunden dauert (so lange braucht man übrigens mit dem Zug von Bonn nach Berlin) all das lerne ich aus einem Artikel über die Entwicklung eines neuen Toilettenpapieres.
Inzwischen bin ich gegenüber Bewohnern von Ländern, in denen vorwiegend einlagiges Toilettenpapier benutzt wird, mißtrauisch geworden. In Anbetracht der Tatsache, dass sich viele Toilettengänger nach Vollzug nicht die Hände waschen, gewinnt die Reißfestigkeit bzw. Saugfähigkeit von Toilettenpapier eine ganz andere Bedeutung. Das aber nur am Rande. Für meinen persönlichen Komfort brauche ich dreilagiges Toilettenpapier, an Weihnachten gönne ich mir auch mal fünf Lagen. Blümchen müssen nicht sein, ebensowenig diverse Farbschattierungen. Es soll ja Leute geben, die Toilettenpapier nach der Farbe der Fliesen aussuchen. Wenn schon Farbe, dann bitte für jede Lage eine: schwarz-rot-gold, das wär's! Damit ließe sich nicht nur das große Geschäft, sondern auch die Nacht zum 1.Mai viel stimmungsvoller gestalten. Aber das traut sich natürlich wieder keiner. Alle Schisser, die Deutschen. Schon deshalb muss Toilettenpapier in Deutschland dreilagig sein.
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