Dienstag, 9. Mai 2006
Spülen nicht vergessen
Meistens passiert es, wenn das Wetter schlechter wird. Ich meine nicht, wenn man schon in der Elvira oder dem Klaus steckt. Nicht, was Ihr schon wieder denkt. Seit einiger Zeit werden Tiefdruckgebiete durch Namensgebung vermenschlicht. Gut finde ich das nicht. Erst gab´s einen Aufschrei aus feministischen Reihen, weil die Tiefs immer Frauennamen trugen und die Hochs immer Männernamen, bis das geändert wurde. Die heutigen Feministinnen haben sowieso nix kapiert aber das führt jetzt zu weit. Jedenfalls ist das so ein komisches Ding der Menschen, alles und jedes zu vermenschlichen. Gott ist der mit dem langen Bart, die Spülbürste bekommt lustige Augen aufgedrückt und das Haustier wird zum Partnerersatz. Ob so eine Schlechtwetterfront auch personifiziert wird, damit man sie noch liebhaben kann, selbst wenn sie rumgrollt, weiß ich nicht so genau. Ich vermute mal, die Menschen versuchen einfach alles ihrer Kontrolle zu unterwerfen. Dazu geben Sie so unkontrollierbaren Ereignissen einfach blöde Namen. Da kann man sich leichter drüber lustig machen. Und dann ist das Tief nicht mehr so tief und das Hoch nicht mehr zu hoch.

Ein Wetterumschwung begünstigt pathetische Stimmung. Plötzlich findet man sich beim alte Kinderbilder anschauen oder Liebesbriefe lesen wieder. Das Verlangen, Gedichte zu schreiben wird auf einmal unbezwingbar. Schließlich hat man schon verdrängt, dass das damals auch schon gewaltig schief ging, weil man es ja immer noch mit dem Alter und der fehlenden Reife vor sich entschuldigen kann. Unentschuldbar sind allerdings die mickrigen Versuche, die man jetzt zu Papier bringt und nicht sofort danach vernichtet. Da hilft auch nicht die Rechtfertigung, dass Hesse sein ganzes Leben lang spätpubertäre Ejakulate zu Büchern verwandelte. Man ist keine 15 mehr und auch kein Hesse.

Was man ist, weiß man oft nicht so genau. Man kann vielleicht ein wenig zeichnen, fotographieren oder schreiben, ein wenig Klavier spielen und etwas stricken. Zu mehr hat es jedoch nie gereicht. Im Bekanntenkreis stoßen die selbstgetöpferten Aschenbecher auch nicht auf die erwartete Resonanz. Wo soll man denn jetzt hin mit all der aufgestauten Kreativität? Man könnte sich ablenken, indem man masturbiert oder Pickel ausdrückt. Das ist allerdings durch gesellschaftliche Beschränkungen nicht immer und überall möglich. Der Ausdrucksdrang wird irgendwann mal so übermächtig, dass man beginnt, verzärtelte Worte wie Blütenblätter über das Internet zu verstreuen. Gefährlich, gefährlich, sag ich da nur. Manchmal wird man nämlich noch nach Jahren verlinkt und dann ist gute Ausrede teuer. Deswegen mein Rat: bei unüberwindbaren Pathetikanflügen unbedingt den Stecker ziehen, die Tinte verstecken und in der Mitte des Wohnzimmers nach Tanztheatermanier Worte in Bewegung verwandeln. Das ganze betrachtet man währenddessen im Spiegel oder - noch besser - nimmt es auf Video auf. Wer sich spätestens beim Betrachten seiner Verrenkungen noch nicht lächerlich vorkommt, dem ist nicht mehr zu helfen. Wahrscheinlich wurde der auch in der Szene aus Gottes vergessene Kinder von Rührung ergriffen und fortgetragen, als William Hurt der Gehörlosen Marlee Matlin gehörte Musik mit Bewegungen darzustellen versucht. Ich wurde damals von einem Lachanfall ergriffen, da für mich diese Szene eine der großen Peinlichkeiten in der Filmgeschichte war (nein, nicht der Versuch, einem Gehörlosen seine Hörerfahrungen näherzubringen, sondern die linkischen Bewegungen vom Willi Schmerz).

Leute, ihr müsst keine Gedichte schreiben und nicht tanzen. Ihr müsst auch nicht besser zeichnen oder kochen können als andere. Ihr müsst Euch überhaupt nicht vergleichen. Seid einfach. Dann wisst Ihr ziemlich schnell, wer ihr seid.

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Hoy es tu día
Quiebra tus insólitas cadenas
Brille la aurora
El nuevo espectáculo está a tus puertas
Golpea
Y abrelas la considerarte algo más
de lo que las concienciarte han dicho

Eres más que lo que tu pensamiento te dicta
Eres la gota del immenso oceán

G. Daniel


Feliz cumpleanos mi cuate!
das ~ rutscht leider ständig vom n

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