Montag, 16. Dezember 2019
Downtime
Türchen No.16



Gestern war Abfeent. Leider habe ich keine drei Kerzen hier. Das Bild mit der einen Kerze muss also genügen. Weihnachten, Sentimentalität, Innenschau. Ich rutsche gerade in ein Loch. Die OP, die Medikamente, die Bewegungseinschränkung. Dabei bin ich nicht schlimm dran. Ich habe gute Heilungschancen im Gegensatz zu anderen Krankheiten. Ich werde in ein paar Wochen wieder hergestellt sein, im Gegensatz zu chronischen Beeinträchtigungen. Ich jammere hier auf hohem Niveau. Doch irgendetwas in mir sagt, dass es nicht mehr wie früher sein wird. Der Fremdkörper in meinem Bein, wie zuverlässig macht der meine Eskapaden mit? Wie stark darf ich ohne Gefahr belasten? Wie wird sich der Beinlängenunterschied auswirken? Ich mache hier seit drei Tagen den Kletteraffen, habe Treppen mit Krücken und Duschen ohne Wundkontakt gemeistert. Die Schwestern lachen mich an und vielleicht auch etwas aus. Alles will ich ohne fremde Hilfe schaffen. Socken anziehen klappt noch nicht, weil ich das Bein höchstens 90° In der Hüfte abwinkeln darf. Himmelherrgott, wofür habe ich jahrelang meine Beweglichkeit trainiert, habe meinen Oberkörper auf die Beine gelegt und Schuhe mit durchgestreckten Knien gebunden, nur um jetzt nicht an meine rechten Zehen zu gelangen. Die Socken sind heute morgen dennoch auf meine Füße gelangt. Aber jetzt, wenn ich so teilsediert im Bett liege, fühle ich mich sehr mit der Situation überfordert. Vielleicht gehe ich gleich in die Kapelle ein bisschen weinen.

... link (11 Kommentare)   ... comment